Die Druckbranche unter Druck: Der aktuelle Branchenüberblick
Deutschland atmet auf. Zum Beginn des Jahres 2023 gehört ein großer Teil der Corona Schutzmaßnahmen der Vergangenheit an. Seit die WHO im März 2020 die Ausbreitung des Coronavirus erstmals als Pandemie erklärte, sind fast drei Jahre vergangen. Seitdem wurden in Deutschland fast 38 Millionen Infektionen und 166.526 Todesfälle in diesem Zusammenhang erfasst. Weltweit gab es mehr als 755 Millionen registrierte Infektionen und über 6 Millionen Todesfälle (Stand Februar 2023).
Aktuelle Meldungen zum Thema zeigen eine zunehmende Erholung der Lage und evaluieren bereits die Konsequenzen der Krise. Es scheint, als sei die Krise bereits beendet. Der bekannte deutsche Virologe Christian Drosten beurteilt die Coronapandemie in Deutschland als überwunden. Die Fallzahlen verhalten sich konstant. Ein weiterer Mutationssprung ist nicht absehbar. Der Coronaexperte spricht von einer endemischen Lage im Winter 2022/23. Dennoch seien Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen richtig und sollten ernst genommen werden.
Definition Endemie: Eine Endemie ist besonders dadurch gekennzeichnet, dass sie räumlich begrenzt ist. Die Infektionszahlen sind dauerhaft auf einem Niveau. Bereits bekannte Endemien sind beispielsweise Malaria und Typhus in Südamerika und Afrika.
Die WHO ist mit optimistischen Aussagen dieser Art noch zurückhaltend und stuft COVID-19 weiterhin als gefährliche Infektionskrankheit ein. Der weltweite Gesundheitsnotstand wird vorerst nicht aufgehoben. Sie räumt jedoch ein, dass die Lage vor einer Wende steht.
Wie steht es um die deutsche Wirtschaft?
Im Jahr 2022 gab es laut dem Institut der deutschen Wirtschaft einen gesamtwirtschaftlichen Umsatzverlust von 120 Milliarden Euro. Seit Beginn der Pandemie sind es insgesamt ungefähr 420 Milliarden Euro Umsatzverlust. Gewinner der Krise war der Onlinehandel, welcher laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft 2020 schätzungsweise 12,7 Milliarden Euro und 2021 rund 23,6 Milliarden Euro Mehrumsatz erzielte.
Insgesamt erreichte die deutsche Wirtschaft im Jahr 2022 ein positives Wirtschaftswachstum von 1,9% und konnte eine Rezession vermeiden. Auch die Zahl der Arbeitnehmer in Kurzarbeit sank deutlich. Zum Beginn des Jahres gab es noch über eine Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit und im Dezember wurden nur noch ungefähr 200.000 Kurzarbeiter gemeldet.
Das leichte Wirtschaftswachstum erspart Deutschland im Jahr 2022 eine Rezession und auch für das kommende Jahr wird laut dem Statistischen Bundesamt ein leichtes Wachstum von 0,2% erwartet. Doch Wirtschaftswachstum ist in der Realität nicht mit Wohlstand gleichzusetzen.
Die Lieferketten sind weiterhin belastet und die Inflation von 8,7% hemmt die Kaufkraft. Laut dem ARD DeutschlandTREND sind die drei wichtigsten Probleme der Bevölkerung die außenpolitische Lage, die Energie- und die Klimakrise.
Die Zufriedenheit mit den aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ist groß. 57% der Befragten halten die Coronapolitik der Ampel für angemessen. Aktuell sind FFP2-Masken nur in gesundheitlichen Einrichtungen erforderlich. In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen besteht weiterhin eine Testpflicht. Je nach Region variieren die Regelungen für den öffentlichen Personennahverkehr.
Steht die Druckindustrie unter Strom?
Die Druckindustrie war in den letzten Jahren durch die Corona Pandemie mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Materialknappheit, Lieferkettenengpässe, Nachfrageschwankungen und Kontaktbeschränkungen erforderten neue Lösungen in allen Bereichen.
Besonders seit dem Jahr 2022 verstärken die steigenden Energiepreise die Lage signifikant. Die Druckbranche ist eine sehr energieintensive Industrie. Eine Aufwärtsbewegung der Preise begann bereits im Jahr 2021 und intensivierte sich durch den Kriegsausbruch. Diese Entwicklung prägt die Erwartungen für das Jahr 2023 maßgeblich. Doch was erwartet die Druckbranche in diesem Jahr?
Für erste Prognosen lohnt sich ein Blick auf die Aktie der Heidelberger Druckmaschinen AG. Sie bildet Trends innerhalb der Branche ab und ist somit ein wertvoller Frühindikator für zukünftige Entwicklungen. Bereits zu Beginn der Pandemie konnte ein Stimmungsbild mithilfe des Aktienkurses der Heidelberger Druckmaschinen AG erfasst werden. Genauere Informationen dazu finden Sie hier.
Bis Oktober 2022 verzeichnete die Aktie einen Abwärtstrend, von dem sie sich jedoch anschließend erholte. Durch die stabile Auftragslage, erwartet der Marktführer konstante Umsätze für das kommende Jahr.
Zahlreiche Unternehmen in der Branche haben seit Pandemiebeginn bereits Insolvenz angemeldet. Seit dem Jahr 2022 leiteten folgende Unternehmen ein Insolvenzverfahren ein:
- Mero-Druck aus Geesthacht
- Buchdruckerei Hubert & Co. aus Göttingen
- Eberl & Kösel aus Kempten
- Kröger Druck aus Wedel
- CBS Offsetdruck aus Obrigheim
- Beckmann Print & Medien aus Dortmund
- Gotha Duck aus Gotha.
Zudem gab es einige Übernahmen und Zusammenschlüsse in der Industrie. Die weitere Entwicklung hängt von politischen Maßnahmen und der Dauer der andauernden Energiepreiskrise ab.
Wie viel Energie haben die Unternehmen nach den Krisenjahren noch?
Im Zuge des Ukraine Konflikts kam es in Deutschland zu einem enormen Anstieg der Energiepreise. Die Auswirkungen sind allgegenwärtig und hochbrisant – auch in der Druckbranche. Die Papierherstellung ist beispielsweise sehr energieintensiv, wodurch aktuell die Herstellkosten steigen.
Die Preissteigerungen ziehen sich durch die gesamte Wertschöpfungskette. 54,3% der deutschen Papierfabriken befürchten in absehbarer Zeit eine Rückkehr zur Kurzarbeit. Der Bundesverband Druck und Medien (Bvdm) fordert angemessene Entlastungen von der Bundesregierung.
Des Weiteren wird eine Einstufung als systemrelevante Industrie gefordert, um die Gasversorgung, durch die gesamte Energiekrise hinweg, zu sichern. Der Bundesverband wies in einem Brief an das Bundesministerium auf die Unverzichtbarkeit der Druckbranche hin.
Die Energiepreise sollten mittelfristig auf ein angemessenes Niveau kommen, um den Standort Deutschland weiterhin attraktiv für Investitionen zu halten.
Investition in Innovation
Die Druckindustrie ist eine hochinnovative Branche. In Deutschland ist das Investitionsvolumen jedoch seit Jahren rückläufig.
Dies steht im Konflikt zu der Tatsache, dass ein Zusammenhang zwischen Investitionen und Krisenresilienz besteht. Denn es steht fest: Früh innovierte Unternehmen schätzten ihre wirtschaftliche Situation 2022 besser ein. Sie profitierten besonders durch Digitalisierung von höherer Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.
Ein gutes Beispiel stellt die Heidelberger Druckmaschinen AG dar. Das Unternehmen eröffnete 2018 ein eigenes Innovationszentrum. Nun hat das Unternehmen auch in anderen Branchen innovative Konzepte entwickelt und sorgt somit langfristig vor.
Die aktuelle Entwicklung
Das Konjunktur Telegramm des Bundesverbands Druck und Medien bildet monatlich die Entwicklung der Branche ab, indem die aktuelle Geschäftslage sowie die erwartete Geschäftslage ausgewertet werden. Den Stand zum Beginn der Krise können Sie hier nachlesen.
Die Auswertungen des Januars 2023 verbessert sich der Geschäftsklimaindex um 5% im Vergleich zum Dezember 2022. Im Verhältnis zum Vorjahresmonat ist es jedoch immer noch ein Minus von 7,2 %. Zurückzuführen ist dies möglicherweise auf die rückläufige Nachfrage, die ein Absinken der Kapazitätsauslastung von 3,5% im Vergleich zum Vormonat zur Folge hatte. Durch das sinkende Auftragsvolumen leiden 58% der Unternehmen an einer gehemmten Produktion. Lieferengpässe bleiben dafür aus.
Material- und Rohstoffmangel zogen sich durch die gesamte Krise. Der Altpapierpreis sank 2022 leicht ab, während die Einfuhrpreise um fast 10% stiegen. Druckfarben und Lacke wurden ebenfalls weniger verkauft und die Industrie erwartet weiteren Rückgang. Insgesamt gaben nur noch 13% der Befragten an durch Materialmangel beeinträchtigt zu sein.
Was hat 2023 für die Druckbranche bereit?
Die zukünftige Entwicklung der Druckbranche hängt an zahlreichen, schwer einschätzbaren Faktoren. Das Konjunktur Telegramm des Bundesverbands Druck und Medien fasst durch die Befragung der Marktteilnehmer folgendes Erwartungsbild zusammen:
Die Unternehmen gehen positiv in die erste Jahreshälfte.
- 66% der Befragten erwarten eine keine großen Veränderungen
- 5% vermuten eine positive Entwicklung
- 29% befürchten eine ungünstige zukünftige Lage.
Das Wirtschaftsberatungsunternehmen Apenberg & Partner (A&P) schlüsselte in der “Print Business Herbstprognose” die Erwartungen der Industrie etwas nach Unternehmensgröße und Marktsegmenten auf.
Unabhängig von Unternehmensgröße rechnet die gesamte Branche mit steigenden Lieferantenpreisen. Innerhalb der Branche ist der Onlinedruck nach dieser Prognose etwas optimistischer als die Unternehmen anderer Marktsegmente. Im Verpackungsdruck wird fest mit einer Weiterentwicklung des Markts von bedruckten Verpackungen gerechnet. Keines der befragten Unternehmen erwartet eine Verringerung des Marktvolumens.
Insgesamt sehen sich besonders kleine und mittelständische Unternehmen gezwungen die Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben.
Messen und Events: Die Druckbranche kommt wieder zusammen
Im vergangenen Jahr wurde die Eventbranche neu belebt. In den Jahren 2020 und 2021 sind ungefähr 70% aller Messen in Deutschland ausgefallen. Nun finden wieder große Veranstaltungen und Messen statt. Der Deutsche Druck- und Medientag in Leipzig, die “ProFlex” Messe in Stuttgart und weitere Events haben den Anfang gemacht. Und es geht weiter. Auf diese Messen können Sie sich in Zukunft freuen:
- “EMPACK” 2023 in Hamburg
- “Drupa” 2024 in Düsseldorf
- “CCE International” 2023 in München
- “InPrint” Fachkonferenz 2023 in München
- “Druck und Design” Konferenz in München
- “Creative Paper Conference” voraussichtlich 2024 in München
- “components - FOR PROCESSING AND PACKAGING” 2023 in Düsseldorf
- “FACHPACK” 2024 in Nürnberg
- “Packaging innovations and EMPACK” in Birmingham
- “Wetec” 2023 in Stuttgart
- “Fespa Global Print Expo” 2023 in München
- “Online Print Symposium” 2023 in München.
Über die Deutschengrenzen hinaus finden zahlreiche Messen und Konferenzen statt, die auf internationalen Austausch ausgerichtet sind. Nach der Corona Krise stellt sich allerdings die Frage, ob Messen überhaupt noch notwendig sind. Dies wird sich in den kommenden Jahren herausstellen. Ein Wandel ist jedoch bereits ersichtlich. Thematisch werden in der Messelandschaft zunehmend Digitalisierungs- und Innovationsthemen angesprochen. Es findet tendenziell mehr Interaktion und aktiver Austausch statt als vor der Krise. Viele Veranstalter setzen Hybride Modelle um, da die Strukturen bereit während der Krise aufgebaut wurden.
Krisenqualitäten: So gehen Sie stärker aus der Corona Krise heraus
Die Druckbranche steht auch vor großen strukturellen Herausforderungen. Besonders der Fachkräftemangel macht sich durch die Pandemie verstärkt bemerkbar.
In der Branchenbefragung zur wirtschaftlichen Lage 2022 gaben 49% der befragten Unternehmen an, keine Bewerbungen auf ausgeschriebene Ausbildungsplätze erhalten zu haben. 56% der Befragten erhielten keine geeigneten Bewerbungen. Insgesamt sind 71% der Betriebe bereit auszubilden.
Um diese und weitere Herausforderungen adäquat zu adressieren und zu überwinden, ist das Reflektieren der Corona Krise besonders wichtig. Die folgenden Qualitäten bewährten sich während der Pandemie für die Branche:
- Gemeinsam wachsen:
In der Branche neue Wege gehen und innerhalb des Unternehmens einen festen Zusammenhalt und ein klares Ziel vor Augen zu haben, sorgt langfristig und durch Krisenzeiten hindurch für Stabilität. - Digitalisierung verinnerlichen:
Der digitale Fortschritt kann schon lange keine Randnotiz mehr sein. Der Strukturwandel fordert auch in der Druckbranche ein Umdenken, welches bis in die Tiefen der Unternehmen vordringt. - Wachsam sein:
Das genaue Beobachten und Erkennen von Trends und Entwicklungen am Markt, wird in Zukunft eine Schlüsselkompetenz in der gesamten Wirtschaft sein. Lassen Sie ein tiefes Verständnis für das Branchengeschehen die Basis Ihrer nächsten Schritte sein. - Flexibel sein:
Die immerwährende Anpassungsfähigkeit ist essenziell, um die Erkenntnisse aus der Beobachtung des Marktes schnell in den Wertschöpfungsprozess integrieren zu können. - Innovationen vorantreiben:
Das Investieren in Forschung und Entwicklung, sowie das fortlaufende Automatisieren der Unternehmensprozesse, macht Unternehmen zukünftig Wettbewerbsfähig und kann Effizienzvorteile bringen. Je früher Sie starten, desto besser.