- Mehr als 18 Millionen Tonnen Verpackungsmüll entstehen in Deutschland in jedem Jahr.
- Das neue Verpackungsgesetz, die EU-Abfallrahmenrichtlinie sowie die EN 13432 beinhalten strenge Vorgaben für Produktion, Zusammensetzung und Verwertung von bedruckten Verpackungen.
- Kompostierbare Verpackungen bieten zwar Vorteile, stellen für die Hersteller aber aufgrund der strikten gesetzlichen Vorgaben auch eine immense Herausforderung dar.
- Industrielle Kompostierung ist nur unter den richtigen Voraussetzungen eine echte Lösung.
(Umwelt-)Bilanz: Verpackungen und Nachhaltigkeit
Verpackungsabfälle stellen ein erhebliches Problem dar, vor allem in den heutzutage anfallenden Mengen. Allein in Deutschland lag die Gesamtmenge im Jahr 2017 laut Umweltbundesamt bei 18,7 Millionen Tonnen. Das Statistische Bundesamt gibt für das Jahr 2018 ein gesammeltes Verpackungsmüllaufkommen von 5,7 Millionen Tonnen an, und zwar nur in privaten Haushalten.
Ein Teil des Problems besteht darin, dass Verpackungen nicht zu vermeiden sind. Als Transport-, Um- oder Verkaufsverpackung schützen sie nahezu jedes erdenkliche Gut. Die Verpackungsverordnung sorgt schon seit 1991 dafür, dass die damit verbundenen Abfälle umweltgerecht entsorgt und in eine Kreislaufwirtschaft eingebunden werden. Und die Verordnung wirkt: Fast 70 Prozent der Verpackungsabfälle konnten 2017 recycelt werden, die Quote für die Wiederverwertung lag insgesamt bei 97 Prozent. Nachhaltige Abfallverwertung und -vermeidung beginnen allerdings schon bei der Herstellung von Verpackungsmaterialien um dies zu reduzieren. Leichter verwertbare Stoffe, die weniger Ressourcen in der Produktion benötigen, verbessern gleichzeitig die Ökobilanz von Verpackungen innerhalb des gesamten Wertstoffkreislaufs.
Gesetzliche Forderung: Verwertungsquoten für Verpackungsabfälle müssen steigen
Seit 2019 gilt das neue Verpackungsgesetz ( VerpackG), das die Verpackungsverordnung abgelöst hat. Es dreht sich im Wesentlichen um die Regelung der Produktverantwortung für Verpackungen. Das Gesetz sieht vor, dass Hersteller von Verpackungen für die ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich sind. Zwei Maßnahmen sollen dabei helfen:
- Wer Verpackungsprodukte in Verkehr bringt, muss sich bei der Zentralen Stelle registrieren lassen, inklusive einer verpflichtenden Mengenmeldung und Vollständigkeitserklärung. Das Ziel dieser Registrierungspflicht ist mehr Transparenz und ein besseres Monitoring.
- Die ohnehin hohen Anforderungen an die Verwertbarkeit von Verpackungen steigen mit dem VerpackG noch einmal deutlich an. Ab 2022 gelten für manche Materialien bis zu 30 Prozent höhere Verwertungsquoten als bislang.
Die dualen Systeme müssen der Zentralen Stelle und dem Umweltbundesamt in jedem Jahr einen Bericht über die Umsetzung der Vorgaben vorlegen. Sie sind außerdem verpflichtet, Anreize zu schaffen, damit stark recycelbare Materialien und Verpackungen mit hoher stofflicher Recyclingfähigkeit stärker eingesetzt werden.
Abgesehen davon liegt es natürlich im Interesse der Hersteller, möglichst nachhaltig zu produzieren. Nachhaltigkeit als Kaufkriterium ist inzwischen bei den Verbrauchern weit verbreitet, die ökologischen Vorteile liegen in vielerlei Hinsicht bei den Produzenten.
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Was bedeutet Kompostierbarkeit auf industrieller Ebene?
Höhere Verwertungsquoten für sämtliche Verpackungsmaterialien ziehen selbstverständlich auch eine intensivere Auseinandersetzung mit geeigneten Materialien und Verfahren nach sich. So sollen biologisch abbaubare Verpackungen im Allgemeinen und kompostierbare Verpackungen im Besonderen dazu beitragen, in Zukunft Kunststoffverpackungen auf Erdöl-Basis so weit wie möglich zu vermeiden.
Neben den Zertifikaten für industrielle Kompostierbarkeit gibt es zusätzliche Zertifizierungssysteme für Kunststoffverpackungen, die auf dem Heimkompost abgebaut werden können.
Die Dimensionen bei der Entsorgung und Verwertung bewegen sich dabei auf einem industriellen Niveau. Das liegt nicht allein an den gigantischen Mengen an Verpackungsmüll, die verarbeitet werden müssen. Kompostierbare Kunststoffe benötigen außerdem andere Bedingungen, um sich überhaupt wunschgemäß zu zersetzen.
EN 13432: Klare Regeln für die Kompostierbarkeit
Welche Voraussetzungen eine Kunststoffverpackung grundsätzlich mitbringen muss, um als kompostierbar zu gelten, ist in der EN-Norm EN 13432 festgehalten.
Sie enthält Vorgaben zu Grenzwerten für enthaltene Schwermetalle und andere Elemente. Auch Bedingungen für den biologischen Abbau, zu den Ergebnissen der Zersetzungsprozesse und zu den Auswirkungen auf die Qualität des Komposts sind dort definiert.
Mit verschiedenen Testmethoden werden diese Anforderungen geprüft. Kann eine Verpackung diese Untersuchung erfüllen, erhält sie ein Zertifikat, das die Kompostierbarkeit bestätigt. Auch die Zertifizierung ist an Vorgaben gebunden. Beispielsweise fordert die EN 13432, dass alle verwendeten Verpackungsmaterialien kompostierbar sein müssen und keine umweltschädlichen Zusätze enthalten dürfen.
Kompostierbarkeit vs. Alltagspraxis: Ein schwieriges Verhältnis
Viele Verpackungen bestehen aus mehr als einem Material. Sobald zudem Kunststoff mit im Spiel ist, wird die Rückführung in den Stoffkreislauf schwieriger. Auch die hohen Anforderungen an kompostierbare Kunststoffverpackungen machen die Entwicklung für die Hersteller zu einer echten Herausforderung. Das gilt nicht nur für die Eigenschaften, welche die verwendeten Materialien vorweisen müssen.
Es muss vor allem immer gegeneinander abgewogen werden, wie sich die Forderung nach der ausschließlichen Verwendung biologisch abbaubarer Kunststoffe zur Alltagstauglichkeit verhält.
Das gilt sowohl für die Produktion (inklusive der Vorgaben für den Schutz der verpackten Güter) wie auch für die Nutzung. Wiederverschließbare Beutel oder ähnliche Verpackungen etwa bieten dem Verbraucher ein hohes Maß an Komfort, lassen sich aber nach den geltenden Vorgaben kaum auf einer vollständig biologisch abbaubaren bzw. kompostierbaren Basis herstellen.
Im Sinne der Kompostierbarkeit sind zufriedenstellende Lösungen daher nicht immer möglich oder verfügbar. Unter solchen Voraussetzungen ist entweder Geduld gefragt, bis derartige Innovationen realisierbar sind oder die Hersteller greifen auf Alternativen zurück. Als nachhaltige Alternative gewinnt das Recycling vor diesem Hintergrund noch weiter an Bedeutung für die Verpackungsindustrie.
Von der Verpackung zum Kompost: Industrielle Kompostierung von Kunststoffverpackungen
Für den Umgang mit Abfällen im Allgemeinen trifft die Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG) der EU die Vorgaben für die nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten. Artikel 4 umfasst darin die Abfallhierarchie, in der die Vermeidung von Abfall die wünschenswerte Spitze darstellt.
Darunter folgen verschiedene Methoden der Abfallbehandlung, mit der Entsorgung ohne jegliche Rückgewinnung von Energie oder Rohstoffen als unterste Ebene. Dazwischen stehen unterschiedliche Abstufungen der Verwertung, die theoretisch alle für biologisch abbaubare Kunststoffe infrage kommen.
Die industrielle Kompostierung fällt in den Bereich des Materialrecyclings und wird üblicherweise in drei Schritten vollzogen:
- Vorbereitungsphase: In einem ersten Schritt werden die Abfälle geschreddert und homogenisiert. Das beinhaltet eine mehrfache Umschichtung, so dass sich die Bestandteile besser miteinander vermengen.
- Intensivrotte: Für den gewünschten Zersetzungsprozess wird während der intensiven Rotte unter kontrollierten Bedingungen Sauerstoff und Feuchtigkeit zugegeben. So entstehen optimale Bedingungen für die Zersetzung.
- Nachrotte: Im abschließenden Schritt klingen die Abbauprozesse bereits ab und sorgen für eine Stabilisierung des Materials. Auf diese Weise wird der Frischkompost zu Fertigkompost.
EU-weit bestehen allerdings unterschiedliche Richtlinien, wenn es um die Behandlung biologisch abbaubarer Kunststoffe im Rahmen der Kompostierung geht.
Kompostierbarkeit – kritisch betrachtet
Ein wichtiger Aspekt, den es im Zusammenhang mit der industriellen Kompostierung von Kunststoffverpackungen zu beachten gilt, ist aber der Nutzen der Methode. Sinnvoll ist das Kompostieren laut Umweltbundesamt erst dann, wenn aus dem Abbau ein Zusatznutzen entsteht. Das ist für biologisch abbaubare Kunststoffe generell nur in Ausnahmefällen möglich und wird selbst für kompostierbare Verpackungen im Speziellen skeptisch betrachtet. Die Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. richtet beispielsweise Kritik an verschiedene Aspekte der Kompostierung, darunter
- der fehlende Nutzen biologisch abbaubarer Kunststoffe für die notwendigen Abbauprozesse,
- die Nichtnutzung des energetischen Werts dieser Abfälle sowie
- das Risiko, dass nach der Behandlung immer noch Partikel im Kompost enthalten sind, die als Fremdbestandteil gelten können.
Insofern ist Kompostierbarkeit für Kunststoffverpackungen nur dann zielführend, wenn sie innerhalb des Wertstoffkreislaufs einen wirklichen Nutzen bringt. Dass Kunststoffe aus erneuerbaren Rohstoffen dieses Potenzial besitzen, ist schon wegen der möglichen Ressourcenschonung nicht zu leugnen.
Bei der Verwertung allerdings müssen Aufwand und Ergebnisse der eingesetzten Verfahren beachtet werden. Entsprechen diese nur in einer geringen Zahl der Fälle den Anforderungen und Vorstellungen, sind andere Methoden wie das Recycling womöglich doch die bessere Alternative.